20-02 Project Powertrain-Troubleshooting Hobby Lathe – Part 2 (Driven Mechanics)


Project Title: Powertrain-Troubleshooting Hobby Lathe  – Part 2 (Driven Mechanics)

Project Start: 28.10.2023 

Project End: 28.03.2024

 


 

Vorwort

Dieser Projektbericht wurde aus der Hobbyisten-Perspektive erstellt und soll lediglich etwas zur Inspiration und Unterhaltung in diesem Umfeld beitragen. Sollten ähnliche Problemstellungen in Ihrer Hobby-Werkstatt auftreten, ist es in allen Fällen ratsam, Kontakt mit dem Hersteller aufzunehmen, um sich entsprechend beraten zu lassen!!!

Obwohl wegen der Komplexität des Themas “Lagerungen” doch einige iterative Recherchen mit zu redigierenden Ergebnissen anfallen werden und es auch an praktischer Erfahrung mangelt, bin ich doch zuversichtlich die Antriebsmechanik analysieren und eventuell vorhandene Probleme beheben zu können. Sollten keine Abweichungen gefunden werden, so hätte das Zerlegen und Wiederherstellen der Antriebsmechanik zumindest das vorhandene Hobbywerkstattwissen wieder um einige Fakten bereichert und der Blick über den Tellerrand war wie so oft lohnenswert.


… ein bisschen “Theorie” und “Terminologie!”

 


In Wikipedia ist das “Spiel (Technik)” wie folgt erklärt:

“Das Spiel ist der fertigungs- und anwendungsbedingte Bewegungsfreiraum, in dem sich ein mechanisches Bauteil während oder nach der Montage gegen ein anderes oder mit einem anderen Bauteil, der Baugruppe bzw. Funktionseinheit frei bewegen lässt. Bei Wälzlagern spricht man von Lagerluft im nicht verbauten Zustand und von Spiel im verbauten Zustand.

 

 

Da die Abmessungen von Wälzlager und Wälzlageranordnungen temperatur- und verformungsabhängig sind, ist es notwendig, diese Eigenschaften bzw. Zustandsformen bei Bewertungen und Betrachtungen mit ein zubeziehen. Deshalb nachfolgend hier ein paar wichtige, dem Lifecycle

Lagerfertigung —> Lagermontage —> Normaler Lagerbetrieb —> Destruktiver Lagerbetrieb

eines Lagers zuordenbare Begriffsdefinitionen, die eine genaue Beschreibung von Wälzlager und Wälzlageranordnungen ermöglichen sollen. Hierzu gehören auch einige im folgenden Projektbericht verwendete “non-standard-terms”. Der Begriff “Lager” wird im nachfolgenden Projekt-Bericht “Powertrain-Troubleshooting Hobby Lathe” überwiegend als Synonym für “Einreihige Kegelrollenlager” verwendet.

 


Für “nicht verbaute Lager” (bei ungefähr +20 °C)

Fertigungsspiel” —> Spiel eines nicht eingebauten Lagers in radialer und/oder axialer Richtung!

axiales Fertigungsspiel” —> Spiel eines nicht eingebauten Lagers in axialer Richtung!

radiales Fertigungsspiel” —> Spiel eines nicht eingebauten Lagers in radialer Richtung!

 


Für “verbaute Lager/Lageranordnungen” (bei ungefähr +20 °C)

Montagespiel —> Spiel eines eingebauten und betriebsbereiten Lagers oder Lageranordnung in radialer und/oder axialer Richtung. Für O- bzw. X-Anordnungen kann per Vorgabe ein Spiel < 0 mm eingestellt werden (Montagevorspannung).

Montagevorspannung (non-tandard term)” —> Eine im Ruhezustand einer O- bzw. X-Lageranordnung auf beide Lager einwirkende axiale Kraft, welche eine elastische Verformung auf Basis des eingestellten “negativen Montagespiels” erzeugt!

Für das “Montagespiel” kann ein negativerWert, ein “positiver” Wert oder  ein Wert von 0,000 mm (≙ spielfrei) eingestellt werden. Abweichend von den allgemeingültigen Definitionen wird der “Null-Wert” dem “positiven” Bereich zugeordnet.

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Montagespiel” und “Fertigungsspiel” können unterschiedlich sein, wenn Teile eines Lagers oder einer Lageranordnung beim Einbau planmäßig oder außerplanmäßig verformt werden.
Insbesondere bei O-Lageranordnungen (aber auch bei X-Lageranordnungen) mit paarweise spiegelbildlich verbauten Kegelrollenlager können geplante Verformungen beim Einbau erforderlich sein, um eine Lageranordnung entsprechend den Anforderungen betriebsfertig zu machen. Die dabei genutzten Verschiebewege bewegen sich selbstverständlich im Rahmen der elastischen Verformung und dürfen die Elastizitätsgrenzen von beteiligten Lagerungskomponenten bei Umgebungstemperatur und im Betriebstemperaturbereich nicht überschreiten (siehe auch “Hertzsche Pressung“).

Beim Einbau von Lager in O- bzw. X-Anordnungen, dem sogenannten “Anstellen” werden die axialen Abstände zweier gegenüberliegender Rollbahnelemente (Laufbahnringe der Wälzkörper) nach Vorgabe “starr” oder “flexibel” (z. Bsp. mithilfe von Federringen o. ä.) eingestellt. Bei O-Anordnungen werden die Abstände der Innenringe und bei X-Anordnungen werden die Abstände der Außenringe eingestellt.

Auf Basis der Vorgabe kann ein positives “Montagespiel” (Spiel 0 mm oder Spiel > 0 mm) oder ein negatives Montagespiel” (Spiel < 0 mm) eingestellt werden. Wird ein Spiel < 0 mm eingestellt, so spricht man von einer “Lagervorspannung” oder auch von einer “Montagevorspannung“. Zur Einstellung einer “Montagevorspannung” kann der Vorgabewert in Form einer Vorspannkraft oder eines einzustellenden Vorspannweges (Verschiebeweg) angegeben werden. Alternativ kann eine “Montagevorspannung” auch über ein Reibungsmoment eingestellt werden.

Das bei der Lagermontage eingestellte “Spiel” (Montagespiel) kann sich beim Erreichen der Lagerbetriebstemperatur je nach Lageranordnung vergrößern, verkleinern oder es bleibt unverändert. Damit sind das Montagespiel und die Art der verwendeten Lagerunganordnung entscheidende Einstellflussfaktoren für das “Betriebsspiel” und den damit verbundenen Lagerungseigenschaften.

Falls bei X-Lageranordnungen Temperaturdifferenzen zwischen Lagerinnenring und Lageraußenring auftreten, erfolgt eine Verringerung des “Montagespiels” zu einem eventuell unerwünschten Spiel (Betriebsspiel oder destruktives Betriebsspiel) und es kann eine ebenfalls unerwünschte Lagerspannung (Betriebsspannung oder destruktive Betriebsspannung) entstehen oder eine eventuell bereits vorhandene “Montagevorspannung” kann sich weiter zu einer unerwünschten Lagerspannung (Betriebsspannung oder destruktive Betriebsspannung) erhöhen.

Bei O-Lageranordnungen sind einige Rahmenbedingungen (z.Z. noch Klärugsbedarf) in Verbindung mit speziellen Konstruktionsgrößen für das Temperaturverhalten ausschlaggebend. Aus der Neigung der Lageraußenringlaufbahn und dem Abstand der beteiligten “angestellten” Lager können die geometrischen Größen “Rollkegellinien” und “Rollkegelspitzen” für jedes Lager ermittelt werden. Die beiden Rollkegellinien eines Lagers bilden in einem gemeinsamen Schnittpunkt mit der Lagerachse die sogenannte Rollkegelspitze.

Liegen beide Rollkegelspitzen in einem gemeinsamen Punkt auf der Lagerachse, so gleichen sich die axialen und radialen Temperatureffekte aus und das “Montagespiel” bleibt als “Betriebsspiel“, die “Montagevorspannung” als “Betriebsspannung” erhalten.

Haben beide Rollkegelspitzen einen positiven Abstand auf der Lagerachse, so wirken sich die axialen Temperatureffekte stärker auf das “Betriebsspiel” aus als die Radialen und das eingestellte “Montagespiel” vergrößert sich zu einem eventuell unerwünschten Spiel (Betriebsspiel oder destruktives Betriebsspiel). Eine eingestellte “Montagevorspannung” kann zu einer unerwünschten Lagerspannung (Betriebsspannung oder destruktive Betriebsspannung) verringert werden bzw. ganz verloren gehen (inexistente Axialkraft).

Haben die beiden Rollkegelspitzen einen negativen Abstand auf der Lagerachse (Überlappung), so wirkt sich die radiale Dehnung stärker auf das “Betriebsspiel” aus als die axiale Wärmedehnung. Das eingestellte “Montagespiel” wird zu einem eventuell unerwünschten Spiel (Betriebsspiel oder destruktives Betriebsspiel) verringert und eine eventuell eingestellte “Montagevorspannung” kann sich zu einer unerwünschten Lagerspannung (Betriebsspannung oder destruktive Betriebsspannung) erhöhen.

Mit einem optimal eingestellten “Montagespiel” und dem daraus resultierenden “Betriebsspiel” bzw. “Betriebsspannung” werden alle Wälzkörper eines betriebenen “angestellten” Lagers gleichmäßig an der Verteilung der Lagerlast unter voller Ausnutzung der Lagertragfähigkeit beteiligt, und die eingestellten Lagerungseigenschaften bleiben maximal lange erhalten. Dabei werden Schwankungen der Wälzkörperdurchmesser ausgeglichen und es kann sich ein “heterogener” Verbund aus gleichmäßig minimiert-belasteten Wälzkörpern formieren, der Garant für die Vermeidung von Schlupfschäden und Abrollstörungen ist. Werden die Lager einer O- bzw. X-Lageranordnung so eingestellt, das beim Lagerbetrieb eine zu geringe “Betriebsspannung” entsteht, so können durch die daraus resultierenden suboptimalen Wälzkörperführungen Schäden entstehen, die die Lebensdauer der Lager verkürzen.

Werden Kegelrollenlager, die mit der größtmöglichen Anzahl von Wälzkörpern ausgestattet sind, beim Verbauen in einer O- bzw. X-Lageranordnung so eingestellt, dass sie bei Erreichen der Betriebstemperatur in die Nähe ihrer Elastizitätsgrenze kommen, ergibt sich theoretisch eine maximale Steifigkeit, verbunden mit einem sehr guten Wert für die Axialruhe der Arbeitsspindel. Allerdings besteht hier die Möglichkeit, dass durch die erhöhten Reibungsverluste Thermoeffekte entstehen, die sich nachteilig auf die Betriebseigenschaften der Lagerung auswirken können.

 


Für “
verbaute Lager/Lageranordnungen im Betriebszustand” (Normaler Betrieb bei stabiler Betriebstemperatur bzw. stabilem Betriebstemperaturbereich)


Betriebsspiel —> Spiel eines eingebauten Lagers oder Lageranordnung im Betriebszustand in axialer und/oder radialer Richtung!

Betriebsspannung (non-tandard term)” —> Eine im Betriebszustand einer O- bzw. X-Lageranordnung auf beide Lager einwirkende axiale Kraft, welche eine elastische Verformung (Modifikation der Wälzkörperführungen) auf Basis des eingestellten “Betriebsspiels” erzeugen kann und damit die Lagerungseigenschaften (Steifigkeit, Wellenführung, Lagergebrauchsdauer, Laufgenauigkeit, Laufgeräusche etc.) bestimmt.

Das “Betriebsspiel” kann sowohl “positive” als auch “negative” Werte annehmen (abweichend von den allgemeingültigen mathematischen Definitionen wird ein 0-Wert dem positiven Bereich zugeordnet).

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Mit Erreichen einer durch thermische Einträge von Prozesskräften, Reibungskräften und Motorabwärme resultierenden stabilen Betriebstemperatur bzw. Betriebstemperaturbereiches wird der elastische Verformungszustand eines korrekt verbauten Lagers bzw. Lageranordnung quasi “eingefroren” und es finden kaum noch weitere Dehnungen, Schiebungen oder Winkelveränderungen statt. Der daraus final resultierende Bewegungsfreiraum der Lagerbauteile gegeneinander wird als “Betriebsspiel” bezeichnet.

 


Für “verbaute Lager/Lageranordnungen” im unzulänglichen Betriebszustand (Destruktiver Betrieb mit schädigendem Betriebsspiel)

destruktives Betriebsspiel (non-tandard term)—> Ein durch fehlerhafte Voreinstellung des “Montagespiels” oder durch thermische/mechanische Effekte verursachtes zu “großes” oder zu “kleines” unzulässiges “Betriebsspiel” eines unzulänglich betriebenen Lagers bzw. Lageranordnung. Kühlt die Lageranordnung wieder auf Umgebungstemperatur ab, so kann sich ein “falsches” und destruktives Montagespiel einstellen, welches “größer” oder “kleiner” als das ursprünglich eingestellte Montagespiel der nicht geschädigten Lageranordnung sein kann. 

destruktive Betriebsspannung (non-tandard term)” —> Eine im unzulänglichen Betriebszustand einer O- bzw. X-Lageranordnung auf beide Lager einwirkende, zu große axiale Kraft oder zu kleine “inexistente” axiale Kraft. Kühlt die Lagerung wieder auf Umgebungstemperatur ab, so kann sich eine “falsche” und destruktive  Montagevorspannung einstellen, welche “größer” oder “kleiner” als die ursprünglich eingestellte Montagevorspannung der nicht geschädigten Lageranordnung sein kann.

Das “destruktive Betriebsspiel” kann sowohl “negative” als auch “positive” Werte annehmen.

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Steigt bei einem zu kleinen “destruktives Betriebsspiel” die Betriebstemperatur unzulässig an wird die Elastizitätsgrenze überschritten und Bauteile einer Lageranordnung werden plastisch verformt. Bei einem zu großen “destruktives Betriebsspiel” (inexistente Axialkraft) wird die plastische Formänderung durch mechanische Kräfte (Materialabtrag) verursacht. In beiden Fällen verschlechtert sich das Betriebsverhalten hin bis zum Lagerausfall.

 

 



Überblick

Nach Instandsetzung des Elektroantriebes habe ich bei Umgebungstemperatur eine kurze und oberflächliche Inspektion der “kalten” D6000-Antriebsmechanik durchgeführt. Alleine die indirekt angetriebene Hauptspindel (O-Lageranordnung), der wichtigste Teil der Antriebsmechanik, war doch etwas schwergängig und leicht hakelig, der Widerstand beim Drehen von Hand wurde als ungleichmäßig wahrgenommen, was ein leichtes Unbehagen hervorgerufen hat.

Zieht man die Betriebsanleitung (Stand 10/2014, Seite 48) zu dem Thema “Hauptspindellagerung” zurate, so ist zu erfahren, dass sich die Hauptspindel beim Nachjustieren “leicht” von Hand drehen lassen muss und dass die Lager “spielfrei” laufen müssen; ich gehe davon aus, dass mit “spielfrei” das “Montagespiel” gemeint ist. Leider ist diese Beschreibung für den aktuellen Zustand der Hauptspindel (leicht zu drehen/spielfrei) nicht zutreffend. Bei der Inbetriebnahme 2016 wurde nicht geprüft ob die Hauptspindellagerung “spielfrei” oder mit einem negativen bzw. positivenMontagespiel” eingestellt war.

Des weiteren ist vermerkt, das zu fest eingestellte Kegelrollenlager kurzfristig unbrauchbar werden. Dieses könnte, obwohl die Lagerung nicht nachjustiert wurde, schon eher zutreffen, da das mit “0,000” mm gemessene axiale “Spiel” selbst mit großer Axialkraft nicht um 1 µm verändert werden konnte, was auf ein ursprünglich falsch eingestelltes “Montagespiel” oder auf ein betriebsbedingt entstandenes schädliches “destruktives Betriebsspiel” gefolgt von einem destruktiven Montagespiel bei Abkühlung hinweisen könnte.

Basierend auf den in “Theorie und Terminologie zu Werkzeugspindellagerungen” beschriebenen Lageranordnungen lassen sich für die verbaute O-Lageranordnung 3 Gruppen von hypothetischen Betriebsszenarien klassifizieren.

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Szenariogruppe 1
Die Rollkegelspitzen der beiden Kegelrollenlager liegen in einem gemeinsamen Punkt auf der Lagerachse so dass sich die thermischen Effekte kompensieren und das ursprünglich eingestellte Montagespiel erhalten bleibt.
Diese Gruppe ist nicht relevant da sich das “aktuelle” Montagespiel mit hoher Wahrscheinlichkeit im Laufe der Zeit verändert hat. Ich gehe davon aus, dass es sich verringert hat.

– Keine Szenarien!

Szenariogruppe 2
Die Rollkegelspitzen der beiden Kegelrollenlager haben einen positiven Abstand auf der Lagerachse. In dieser Gruppe bewirken die thermischen Effekte eine Vergrösserung des Montagespiels bei Lagererwärmung. Diese Gruppe hat ebenfalls keine Relevanz da sich das Montagespiel im Laufe der Zeit verringert hat.

– Keine Szenarien!

Szenariogruppe 3
Die Rollkegelspitzen der beiden Kegelrollenlager haben einen negativen Abstand auf der Lagerachse (Überlappung). Bei Überschneidung der Rollkegellinien verringert sich das Montagespiel bei Erwärmung.

Szenario-31 (Normalzustand)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei stabiler Betriebstemperatur bzw. stabilem  Betriebstemperaturbereich
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt kurzfristig, mittelfristig und langfristig innerhalb der Toleranzgrenzen!

Szenario-32 (Bedienerfehler)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei unzulässig hoher Betriebstemperatur
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt kurzfristig innerhalb der Toleranzgrenzen, mittelfristig und längerfristig aber außerhalb der Toleranzgrenen!

Szenario-33 (Initiales Montagespiel zu klein)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei stabiler Betriebstemperatur bzw. stabilem Betriebstemperaturbereich
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt unmittelbar außerhalb der Toleranzgrenzen oder aber kurzfristig innerhalb der Toleranzgrenzen und dann außerhalb der Toleranzgrenzen!

Szenario-34 (Initiales Montagespiel zu groß)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei stabiler Betriebstemperatur bzw. stabilem Betriebstemperaturbereich
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt ab Inbetriebnahme außerhalb der Toleranzgrenzen!

Szenario-35 (Initiales Montagespiel zu klein mit daraus resultierendem Bedienerfehler)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei unzulässig hoher Betriebstemperatur
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt unmittelbar außerhalb der Toleranzgrenzen!

Szenario-36 (Initiales Montagespiel zu groß mit daraus resultierendem Bedienerfehler)
– Betrieb der O-Lageranordnung bei unzulässig hoher Betriebstemperatur und/oder plastischer Verformung von Lagerbauteilen
– Hauptspindellager wurde ursprünglich mit einem positiven Montagespiel oder spielfrei angestellt
– Das sich einstellende “Betriebsspiel” liegt ab Inbetriebnahme außerhalb der Toleranzgrenzen!

 

Normalzustand (31)
Wäre das Szenario 31 zutreffend, so würde sich die Hauptspindellagerung im Normalzustand befinden und eine Überprüfung bzw. Demontage wäre nicht notwendig gewesen.

Bedienerfehler (32)
Das Szenario 31 deutet darauf hin, das beim Betrieb der Maschine eigenverschuldete Probleme ignoriert oder nicht wahrgenommen wurden was als Bedienerfehler gewertet wird. Hier ist eine Demontage mit Kontrolle des Lagers gerechtfertigt.

Montagefehler (33)
Mit dem Szenario 33 ist eine Überprüfung/Demontage angebracht, da die Lagerung fehlerbehaftet ist.

Montagefehler mit daraus resultierendem Bedienerfehler (35)
Sollte das Szenario 35 zutreffen so ist auch hier eine Überprüfung/Demontage angebracht gewesen.

 



Komponenten der angetriebenen Mechanik

Folgende Komponenten und Bauteile sind Bestandteil der Überprüfung:

  • Hauptspindel
  • Leitspindel
  • Riemengetriebe, Vorschubgetriebe und Wendeherzgetriebe
 

 
 
Hauptspindel
 

Gleich eins vorweg, der hier praktizierte Ausbau der Hauptspindel ist nicht unbedingt nachahmenswert. Es gibt schonendere Möglichkeiten wie Abziehen mit Spezialwerkzeug. Siehe auch den Beitrag “Überarbeitung meiner Holzmann ED 300FD” von Norbert (Norbert_F) in der “Zerspanungsbude”.

 
Spindelausbau
 

Nach Demontage des “Wendeherzes” wurden Lagersicherungsmutter, Riemenscheibe sowie beide Buchsen und Zahnrad von der Hauptspindel entfernt. Nun wurden die sechs Senkkopfschrauben der beiden Lagerflansche gelöst, der antriebsseitige Flansch entfernt und sichtbar wurden jetzt ein kräftig geschmierter Rollenkäfig mit Lagerinnenring und Lageraußenring.

Bei aufgeschraubtem Flansch ermöglicht die kleine halbrunde Ausbuchtung unter dem Schmiernippel das Eindringen des Fettes in das Lagerinnere. Bei Überdruck kann das überschüssige Schmiermittel aus dem Lager in das Innere des Spindelstocks entweichen.

Die Hauptspindel wurde mit kleinen, schonenden, rückschlagfreien Hammerschlägen aus dem Spindelstock getrieben. Diese Methode könnte sich spätestens bei der Achsen-Vermessung als suboptimal erweisen (Stichwort: Spindelstockausrichtung). Bezüglich des Lagers bin ich optimistischer und nehme an, dass das Lager der mechanischen Beanspruchung standgehalten hat, was aber vor einer eventuellen Wiederverwendung überprüft werden muss. Der antriebsseitige Innenring/Rollenkorb und Flansch wurden erst mal auf der Hauptspindel belassen.

Konstruiert wurde die Hauptspindellagerung als starr “angestellte” Lagerung in O-Anordnung mit spiegelbildlich verbauten FAG-Kegelrollenlager des Typs 32009 (X-XL bzw. XA, Toleranzklasse P6).

 

Vermessung der Hauptspindel

Da beide Lager aufgrund der Spindelkonstruktion  nur von einer Seite montiert werden können, wurde der  Spindeldurchmesser so bemessen (Ø ≈ 44,5 mm), dass die Innenringe (Ø ≈ 45,0 mm) der baugleichen Lager ohne Kraftaufwand auf der Spindel bewegt werden können (ausgenommen  gerändelter Lagersitz und arbeitsseitiger Lagersitz). Wegen der sehr rauen Hauptspindel-Oberfläche sind die mit Hilfe der beiden Prismen gemessene Rundlauf-Messwerte ungenau.


 

Spindelrundlauf (Spindelende und antriebsseitiger Lagersitz)

Die Rundlauf-Messungen wurden auf einer Messplatte (DIN 876/1) mithilfe zweier Prismenblöcke und einem Fühlhebelmessgerät (1/100) durchgeführt.

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Messung am Spindelende zwischen Passfedernut und Gewinde für Einstellmutter (Nullung an Passfedernut):  +4/100 mm bis -4/100 mm

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Messung Rändelung (mittig)  für antriebsseitiges Lager: +2/100 mm bis -3/100 mm


 
Spindeldurchmesser (antriebsseitiger Lagersitz)

Die Durchmesser des gerändelten Lagersitzes wurde mit einer digitalen Bügelmessschraube an 3 Stellen durchgeführt.


0°= 44,991 mm, 120° = 44,991 mm und 240° = 44,997 mm



Spindellängen

Mithilfe der ermittelten Spindelmaße, des Datenblattes und eines Lager-Außenrings können die Abstände der Rollkegelspitzen (Rollenkegelspitzen) der O-Lageranordnung berechnet bzw. konstruiert werden.

 

Wertepaar-1: 334,35/334,35 => Länge der Spindel 334,35 mm
Wertepaar-2: 319,82/319,63 => rechnerische Länge des Lagereinstellgewindes 14,94 mm
Wertepaar-3: 240,46/240,42 => rechnerische Länge des Spindelteils (Ø<50 mm) 240,44 mm,
rechnerische Länge des Spindelteils ( (Ø 40,0 mm) mit Passfedernut 93,91 mm

Wertepaar-4: 238,80/??????? => Beginn gerändelter Lagersitz 238,80 mm
Wertepaar-5: 218,95/218,72 => rechnerische Breite des gerändelten Lagersitzes 19,96 mm
Wertepaar-6:   61,60/61,56 => Oberkante Rollenkäfig antriebsseitiges Lager 61,58 mm
Rechnerischer Abstand Rollenkäfig-Innenseiten 157,28 mm
Abstand Oberkante Außenring zu Oberkante Rollenkäfig  gemessen an Neulager ≈  1,75 mm
Rechnerischer Abstand Außenring-Innenseiten 160,78 mm
Gemessener Abstand der Außenring-Innenseiten am Spindelstock: 163 mm
Gesamtbreite Neulager: ≈ 21,7 mm

Für die Rollkegelspitzen-Berechnung wird ein gemittelter Wert von 162 mm angenommen. 



Lagersitze

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Die Lagersitze (Stahl) für die Antriebs- und Arbeitsseite sind unterschiedlich gestaltet. Während der Lagersitz auf der Arbeitsseite bündig mit dem Spindelstock (Stahl) abschließt, ragt der Lagersitz auf der Antriebsseite etwa um Lagerringbreite aus dem Gehäuse heraus.

Bauformbedingt kann in der antriebsseitigen Lagerumgebung eine andere Temperaturgradienten-Konstellation entstehen als in der arbeitsseitigen. Das kann bedeuten, das die Wärmedehnungen und deren Auswirkungen in beiden Umgebungen unterschiedlich sein können.



Lageraußenring (antriebsseitig)

Nach Reinigung der Außenringlaufbahn wurde diese abgetastet. Es konnten keine Unebenheiten gefühlt werden. Bei der optischen Inspektion des Laufbildes (Abrollspuren der Wälzkörper auf der Laufbahn) konnten ebenfalls keine Beschädigungen bzw. ungewöhnlicher Verschleiß festgestellt werden. Auffällig war, dass der Abstand der Laufspur zur Außenringkante ungleichmäßig und die Breite der matten Laufspur um einiges schmäler als die Länge der “Kontaktlinie” einer Kegelrolle (ca. 15 mm) war. So weit mir bekannt ist, haben die x-life Kegelrollen/Wälzkörper kein spezielles Rollenmantelprofil. Nach Ausbau des antriebsseitigen Außenrings und Vermessung des Lagersitzes kann eine genauere Analyse der Laufspur vorgenommen werden.

Leider war eine exakte Messung des Abstandes zwischen der schmalen Außenring-Außenkante und dem Lagerflansch mit den vorhandenen Messmitteln nicht möglich.


 

Lageraußenring (arbeitsseitig)

Auf dem Außenring konnten ebenfalls keine Beschädigungen oder ungewöhnlicher Verschleiß festgestellt werden.

Dieses Laufbild sah aber um einiges besser aus. Die Laufspurbreite lässt auf einen guten Kegelrollen-Linienkontakt schließen. Der Abstand der Laufspur zur Außenringkante ist gleichmäßiger als beim antriebsseitigen Lager. Nach Ausbau des arbeitsseitigen Außenrings und Vermessung des Lagersitzes kann auch hier eine genauere Analyse der Laufspur vorgenommen werden.



Lagerinnenring (arbeitsseitig)

Da Kegelrollenlager in O-Anordnung bei sehr kleinem bzw. negativen “Betriebsspiel” bezüglich einer Schiefstellung sehr empfindlich sind, wurde der Innenringsitz auf der Spindel vermessen.



Ermittlung des Fehlwinkels zwischen Lagerinnenring und Planfläche Arbeitsspindel

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Die komplexen Laufring-Schiefstellungen werden durch verschiedene Einflussgrößen bestimmt. Als Hauptmitverantwortliche können Fluchtungsfehler zwischen Welle und Gehäusebohrung und zu hohe Axialkräfte benannt  werden. Der hier gemessene Δ/360°-Wert ist nur ein  Bestandteil zur Ermittlung/Abschätzung des Fehlwinkels.

Toleranzen Messplatte: DIN875/1
Lager-Fertigunstoleranz: P6 (P6XXL)
Planlaufgenauigkeit auf Planfläche Arbeitsspindel lt. Prüfprotokoll: 5 µm
Winkelfehler Fühlhebelmessgerät ca. 30°/0,86
Wiederholpräzision Fühlhebelmessgerät:  1 µm
Mit der Messuhr gemessenes Δ/360°:  16 µm, winkelfehler bereinigt 13,7 µm

 

Δ/360°       13,7 µm         Gegenkathete für tan(α)
d1           62,2 mm     Führungsborddurchmesser des Innenringes (Datenblatt)

d            45,0 mm     Bohrungsdurchmesser (Datenblatt)
rm           26,8 mm     mittlerer Messradius, Messspitze-Lagerachse(Rechenwert)
2rm          53,6 mm     Ankathete für tan(α)

α            0,01464°    Fehlwinkel dezimal (Rechenwert)
α            0° 0′ 53″   Fehlwinkel Grad, Bogenminuten, Bogensekunden (Rechenwert)


Bei den verbauten x-life Kegelrollenlagern der Maßreihe 20 darf die Verkippung (Winkeleinstellbarkeit) der Lagerringe zueinander maximal 0° 4′ 00″ betragen (bei Belastungsverhältnis P/Cr ≤ 0,2).



Vermessung der Außenring-Rollbahn

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Als Referenz  für spätere Vergleiche wurde die Laufbahn eines neuen Außenrings über die gesamte Ringbreite vermessen. Dazu wurde der Außenring in einen Sinus-Schraubstock gespannt, der mit dem Druckwinkelwert aus dem Lagerdatenblatt voreingestellt war. Durch Feinjustage mittels eines kleinen Holzhammers wurde der Schraubstock so nachjustiert, dass der Puppitaster an beiden Außenringstirnseiten 0,000 mm anzeigte (exakter Druckwinkel 14,66667 °). Beim Abfahren mit der Messuhr über die gesamte Laufbahnbreite konnten keine Abweichungen von der Nulllinie festgestellt werden.



Kegelspitzen und Winkel

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Die Rollkegelspitze R, die Druckkegelspitze S und der Druckwinkel α sind geometrische Größen die überwiegend durch die Konstruktion der Rollbahnelemente (Außenring und Innenring) eines Schrägkugellagers oder Kegelrollenlagers vorgegeben sind. Durch Einwirkung äußerer Kräfte auf ein Lager entsteht der Lastwinkel β.

 

Rollkegelspitze R
Die zwischen Innen- und Außenring eines Kegelrollenlagers geführten Wälzkörper/Kegelrollen sind geometrisch gesehen Kegelstümpfe, deren verlängerte Mantellinien (Berührungslinien) sich idealerweise  in gedachten Kegelspitzen treffen.  Da alle Wälzkörper eines Lagers “Linienkontakt” zur Außenringlaufbahn haben, entspricht die Verlängerung der geneigten Außenringlaufbahn dem Verlauf der verlängerten Linienkontakt-Mantellinie eines Wälzkörpers (Rollkegellinie). Wird ein “ideales” Kegelrollenlager einmal um 360° gedreht, so treffen sich die Kegelspitzen aller Wälzkörper in einem Punkt “R” auf der Lagerachse. Bei paarweise spiegelbildlich verbauten Kegelrollenlagern, gibt die Abstandslage der beiden Rollkegelspitzen Auskunft über das axiale und radiale Wärmedehnungsverhalten (unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen wie z. Bsp. Lagerlänge, Werkstoffe etc.).


Druckwinkel α und Druckkegelspitze S

Der Neigungswinkel einer Wälzlager-Außenringbahn (Kegelrollenlager) zur Horizontalen ist ausschlaggebend für die axiale Belastbarkeit eines Lagers. Je größer der Winkel, desto höher die axiale Belastbarkeit! Die im 90°-Winkel auf der Außenringinnenseite (Kegelrollenlager) stehenden und durch die Wälzkörpermitten gehenden Linien werden als Drucklinien bezeichnet, da sie die Wirkungslinen zur Kraftübertragug von Kräften über die Rollbahnelemente und Wälzkörper sind. Die Drucklinien schneiden die Wälzlagerachse in dem Druckmittelpunkt (Druckkegelspitze S), der kleinste Winkel zwischen der Radialebene und den Drucklinien bilden den Druckwinkel α (oder auch Berührungswinkel). Der Abstand  der Druckmittelpunkte zweier spiegelbildlich verbauten Wälzlager auf der Lagerachse wird als Druckabstandsmaß α (auch Stützbasis H) bezeichnet.

Lager mit  einem Druckwinkel  0° α 45° werden  der Gruppe der “Radiallager” und Lager mit  einem Druckwinkel  45° α 90° der Gruppe der “Axiallager”  zugeordnet.


Lastwinkel β

Die in einem Wälzlager erzeugte Lagerlast (über Lagerwelle) wird durch Kräfte verursacht, die aus zwei (radial und axial) oder einer Richtung (axial oder radial) wirken. Lager, auf die nur eine Kraft einwirkt, sind entweder “reine” Axiallager (radiale Belastung Fradial = 0) oder “reine” Radiallager (axiale Bel astung Faxial = 0). In der Praxis sind diese Fälle eher die Ausnahme, da die überwiegend verbauten Lager bauformunabhängig sowohl radiale als auch und axiale Kräfte aufnehmen. Die Gesamtwirkung der Kräfte wird als die resultierende Kraft Fres bezeichnet und ist von der Größe der Kraft Fradial  und Faxial abhängig. Der Winkel zwischen der in der Radialebene wirkenden Kraft Fradial und der resultierenden Kraft Fres wird als Lastwinkel β bezeichnet, der die Richtung der Kraft Fres bestimmt. Der Lastwinkel β und der Druckwinkels α sollten zur optimalen Nutzung der Lager-Tragfähigkeit  nicht wesentlich voneinander abweichen.


 

Druckwinkelmessung

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Mit der Messuhr gemessen wurden 75,5° (≙75°, 30′), was einem Winkel von 14,5° (90°-75,5°=14,5°) entspricht. Der Wert im Lager-Datenblatt (Lager ohne Außenring) ist mit 14,66667° angegeben. Nach der Messung des Druckwinkels α an dem FAG 32009-X-XL Außenring konnte von validen Daten zur Ermittlung der Rollkegelspitzen ausgegangen werden.



Abstandsermittlung der Rollkegelspitzen

… mathematisch >>>

 

α         Druckwinkel (aus Datenblatt 14,66667 °)
C         Breite des Außenringes (aus Datenblatt 15,50 mm)
Dbmin     Minimaler Durchmesser der Gehäuseschulter (aus Datenblatt 72,00 mm)
Aik       Abstand Innenkanten Außenringe (gemessener Mittelwert 162,00 mm)
Aak       Abstand Außenkanten Außenringe (Rechenwert)
Arr       Abstand Rollkegelspitzen (Rechenwert)

Arr = Aak – 2 * [( Aik + 2 * C ) – Dbmin/2 : tan(α)]
Arr = Aik+2*C – 2 * [( 162 + 2 * 15,5) – 36 :0,2617234]
Arr = 193 – 2 * [ 193 – 36 : 0,2617234]
Arr = 193 – 2 * [ 193 – 137,549]
Arr = 193 – 2 * [ 55,451]
Arr = 193 – 110,90
Arr = 82,10 mm

… geometrisch >>>

 

Der rechnerisch (82,10 mm) und konstruktiv ermittelte Abstand (82,23 mm) der Rollkegelspitzen war für mich eine Überraschung.

Wie obige Skizze zeigt, überschneiden sich die Rollkegellinien mit einem Rollkegelspitzenabstand von ca. 82 mm. Nach meinem derzeitigen Verständnis und Wissensstand  hätte diese Lageranordnung mit einem positiven “Montagespiel” aufgebaut werden (Voraussetzung: 162 mm entspricht kurzem Lagerabstand). müssen die sich dann im Betriebszustand zu einem entsprechenden “Betriebsspiel” verringert.

Allerdings kann ich bei dem Thema Rollkegelspitzen nicht ganz ausschließen, dass ich bezüglich der Anwendbarkeit der Rahmenbedingungen etwas missverstanden habe!

Wie sich das “Montagespiel” in Abhängigkeit von der Lagertemperatur verhält,  lässt sich mit 100-prozentiger Sicherheit erst nachdem korrektem Spindeleinbau in konstruktiv einwandfreie Lagersitze sagen.

Da ein Lagerpaar FAG 32009-X-XL schon für ca. 50 Euro zu haben ist (P5 etwa das doppelte, bei P5 ist Toleranz-Kompatibilität zu prüfen!) und bezüglich des vorgefundenen Lageraufbaus ein paar Unklarheiten herrschen, wäre ein Lagertausch eventuell sinnvoll.


 

Zwischenstand

Beide Lageraußenringe zeigen keinen auffälligen Verschleiß oder erkennbare plastische Verformungen. Lediglich das antriebsseitige Lager hätte aus meiner Sicht ein optimaleres Bild abgeben können. Die in der Außenringrollbahn sichtbare Laufspur deutet m. E. nach auf eine ungleiche Wälzkörper-Lastverteilung hin, die entweder betriebsbedingte (Keilrippenriemenspannung?, Überschmierung?, unzulässige Betriebstemperatur?, destruktives Betriebsspiel?) und/oder fertigungsbedingte Ursachen (Montage?, Fluchtung?, Passungen? (elastische Aufweitung des Außenrings)) haben könnte. Planungsbedingte Ursachen halte ich für äußerst unwahrscheinlich. Ich hoffe, dass sich nach Vermessung der Lagersitze (mit und ohne Außenringe) und der demontierten Außenringe mehr dazu sagen lässt. 

Vergleicht man den aktuellen Zustand der Hauptspindellagerung mit den Ergebnissen der Rollkegelspitzenermittlung und den Wartungsangaben aus der Betriebsanleitung, so liegt der Schluss nahe, dass entweder das ursprüngliche Montagespiel nicht korrekt eingestellt war oder dass sich das axiale Spiel betriebsbedingt zu einem “destruktiven Montagespiel” verringert hat. Die vorgefundene Lageranordnung kann deshalb den hypothetischen Betriebsszenarien 32 oder 35 zugeordnet werden.

Erwähnenswert sind auch noch einige Details zur Lagerwartung und Inbetriebnahme der Maschine. Für die Lagerwartung wurde das Wälzlager-Hochleistungsfett OKS 402 verwendet. Das Fett (Lithiumseife, Mineralöl und Additive) entspricht bezüglich der Konsistenzklasse (NLGI-Klasse 2 nach DIN ISO 2137) den Empfehlungen aus der Betriebsanleitung und wird vom Fett-Hersteller für “normalbelastete” Gleitflächen empfohlen. Die Viskosität von OKS 402 ist bei 40°C mit ca. 110 mm²/s und bei 100°C  mit ca. 9 mm²/s angegeben. Die vom Hersteller FAG produzierten 32009-X-XL  Kegelrollenlager sind Rollenlager mit Linienkontakt und sollten gemäß der Herstellerempfehlung (Schaeffler Technologies, TPI 176, Seie 66) , falls noch gültig mit einem Fett der Viskosität  ISO-VG 150 bis 460 (Mittelpunktviskosität von 150 mm²/s bis 460 mm²/s) versorgt werden.

Das die Lager wegen falscher Einschätzung der benötigten Fettmenge (Erhöhung der Schmierstoffreibung) geschädigt wurden, kann ich mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen, da das Altfett vom Neufett (Fettaustausch) ohne Druckaufbau verdrängt und in den Spindelstock abgeführt werden kann. Sowohl die Lager als auch das Fett wurden in den Nutzungsintervallen (außer Inbetriebnahmetests) weit unterhalb der maximal zulässigen Betriebstemperatur (x-life-Lager: Tmax 120 °C)  bzw. der oberen Einsatztemperatur (OKS 402: 120 °C) betrieben bzw. eingesetzt. Selbstverständlich sollte eine zu große Fettmenge wegen Erzeugung unnötiger Reibungswärme und deren Folgen vermieden werden. Die Betriebstemperatur einer Drehmaschinenspindel sollte normalerweise ca. 50 °C betragen (Berthold Schlecht, Maschinenelemente 2, Seite 158).

Nach meinem jetzigen Kenntnisstand kann eine Überschmierung einer korrekt installierten und eingestellten D6000-Hauptspindellagerung erst zu Schäden führen, wenn Nutzungsintervalle mit zu hohen Betriebstemperaturen gefahren werden, die den mechanischen Aufbau durch Wärmeausdehnung und/oder Schmierstoffzersetzung (Schmierfilm zu dünn oder fehlt) überlasten. Der “Normal-Betrieb” einer überschmierten Maschine ist meiner Meinung nach also ohne weiteres möglich, solange während des Nutzungsintervalls keine zu hohen Temperaturen gefahren werden sodass ein ausreichend dicker Schmierfilm vorhanden ist um Wälzkörper und Laufringe zu trennen. Schlechte Karten hingegen hat das Antriebssystem, da es permanent einer Mehrbelastung bzw. Überlastung durch eine zu hohe Schmierstoffreibung ausgesetzt ist. Bei einer zusätzlichen Verringerung des Betriebsspiels oder einer Lagerschädigung kann sich die Mehrbelastung bzw. Überlastung durch Anwachsen der Reibungsanteile nochmals erhöhen.

Um möglichst lange Freude an dem guten Stück zu haben, kann es nicht schaden, vor Inbetriebnahme der Maschine beim Hersteller nachzufragen, welche Schmierstoffe und Schmierstoffmengen bei der “Erstversorgung” verwendet wurden. Es ist aus meiner Sicht sinnvoll bei anstehenden Spindellagerwartungen das gleiche Produkt anzuwenden. Ein Nachfetten der Antriebsmechanik sollte nur bei Fettmangel oder bei notwendigem Fettaustausch vorgenommen werden. Wie man einen Fettmangel oder notwendigen Fettaustausch genau diagnostiziert, ist mir bis heute allerdings unklar. Um dieses Dilemma etwas zu entschärfen, könnten zusätzlich zum Abschmierplan/Motorüberlastschutz sporadische Temperaturmessungen hilfreich sein.

Da der elektrische Antrieb der D6000 (1,4 kW) meiner Einschätzung nach sehr fein auf eine normalgeschmierte und korrekt funktionierende Antriebsmechanik abgestimmt ist, muss der Schmierung (Fettmenge und Fettsorte) erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ursache dafür ist, dass das Gesamtreibungsmoment der Antriebsmechanik proportional zur Drehzahl und/oder Fettmenge wächst, wohingegen sich das Drehmoment des Elektromotors umgekehrt proportional zur Drehzahl verhält und deshalb im oberen Drehzahlbereich sehr empfindlich auf unnötige und vermeidbare Mehrbelastungen durch Reduktion der Schmierfilmdicke mit entsprechender Schmierstoffverdrängung reagiert. Da bei hohen Gleitgeschwindigkeiten (und bei gleichbleibender Temperatur) eine niedrigere Viskosität benötigt wird, kann durch Wahl einer geeigneteren Schmierstoffviskosität dieses Verhalten unter Berücksichtigung bestimmter Faktoren (Lager-Herstellerempfehlungen,  Schmierstoff-Herstellerempfehlungen, Maschinen-Herstellerempfehlungen) optimiert werden.



Rückblick zur Inbetriebnahme 2016

Erwähnenswert wäre hier noch, dass die Maschine 2016 im Werk Neuerburg abgeholt wurde und dass beim Verladen in der Werkshalle eine Stange/ Rohr in die Hohlspindel gesteckt wurde, um die Maschine auf der Ladefläche meines VW Caddy abzusetzen. Bei der Verkippung der Hauptspindel wurden entsprechende Kräfte auf die beiden Lagersitze der Hauptspindel übertragen.

Bei Sichtung des ersten Testlauf-Protokolls fällt auf, dass der Überlastschutz des Motors bei höherer Drehzahl des Öfteren ausgelöst hat, obwohl die Maschine bereits einige Betriebsstunden im niedrigeren Drehzahlbereichen unterwegs war. Wie aus dem Protokoll ersichtlich ist, hat der Überlastschutz den Antriebsmotor bei Test#5 abgeschaltet. Da ich nicht wusste, woran das lag, wollte ich auf Nummer sichergehen und habe die Lager nachgefettet.

Aus heutiger Sicht würde ich versuchen zu klären, ob die Abschaltung durch eine zu hohe Motortemperatur oder durch eine zu große Drehmomentanforderung (zu hoher Strom) ausgelöst wurde. Falls es sich um eine thermische Abschaltung (laut Schaltplan ist eine Temperaturüberwachung T2 mit dem Motor verbaut) gehandelt hätte, wären sehr wahrscheinlich die zu kurzen Pausen zwischen den einzelnen Testläufen ursächlich gewesen und das Nachfetten war überflüssig und kontraproduktiv. Im Falle einer drehmomentbedingten Abschaltung käme als Verursacher eher die Antriebsmechanik oder ein zu schwacher elektrischer Antrieb in Frage.

Zur Validierung der Hauptspindellagerung wäre es zudem sehr hilfreich gewesen, wenn damals das Spiel in den verschiedenen Betriebszuständen gemessen worden wäre (wurde auch nicht von Hand kontrolliert). Zusammen mit den gemachten Temperaturaufzeichnungen wäre eine Bewertung der Lageranordnung bezüglich des “Betriebspiels” möglich gewesen. Da damals Messmittel nur begrenzt vorhanden waren, war dies nicht möglich!

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Einlaufprotokoll

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Prüfprotokoll


Messhilfsmittel

Da bereits Messungen mit der Messschieber-Tiefenmessstange und der Tiefenmessschraube  gescheitert sind, habe ich beschlossen, die Ausrichtung der Lageraußenringe gegen die Stirnflächen der Lagerbohrungen (wo Lagerflansche befestigt werden) mit Unterstützung von selbst gebastelten Messhilfsmitteln und einem neuen P6-Lager (Rollenkranz/Innenring) zu vermessen. Vorausgesetzt wird hierbei eine “hundertprozentig” exakte, von dem Drehbankbett der Zielmaschine unabhängige Spindelstockfertigung!

 

Bezüglich der Lagersitzfertigung hier noch ein relevanter Post aus der “Zerspanungsbude”.

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Die mehrteilige Messhilfsvorrichtung ermöglicht eine indirekte Kopplung (Zugfeder) des Messuhrlagers mit einem Gegenlager, sodass Drehbewegungen von der einen auf die andere Lagerseite übertragen werden können, ohne dass eine starre wellenähnliche Verbindung besteht. Durch die mit ca. 200 Newton vorgespannte Zugfeder können sich die Wälzkörper des Innenrings/Rollenkranzes, welcher die Messuhr trägt, “verkippungsfrei” im zu vermessenden Außenring ausrichten und damit den “natürlichen” Achsverlauf der vermessenen Lagerseite anzeigen.

Ausgehend von der Annahme, dass bei der Spindelstockfertigung die Bohrungsstirnfflächen (Lagerflansche) planparallel mit den Lagersitzflächen der Lagerpassungen gefräst wurden, können mit den erhaltenen Messwerten Aussagen über Fluchtung der “natürlichen” Wellenachsen beider Lagerseiten ermöglicht werden inklusive eventuellem Radialversatz!!!

Ist der Achsenverlauf beider “natürlich” ausgerichteter  Achsen nicht identisch, so entstehen bei der “erzwungenen” Achsenausrichtung (Lagermontage/Lagerbetrieb) durch Fluchtungsfehler und eventuellen Radialversatz Lagerverkippungen, die die Rollbahnelemente der Lager  unsymmetrisch belasten und die innerhalb der für die Lager angegebenen Toleranzen liegen sollten.


 
 

Vermessung der Außenring-Ausrichtung (Fluchtung/Radialversatz)

Vor Beginn der Messungen wurden an jeder Bohrungsstirnfläche 12 Sektormarkierungen für die Messpunkte der 3 Messkreise angebracht. Nach Montage der Messhilfsvorrichtung und Einstellung der Lagervorspannung mithilfe einer Aldi-Kofferwaage (ca. 200 Newton) wurde die Messvorrichtung mehrfach gedreht, bis sich die Wälzkörper des zu vermessenden Außenrings final gesetzt hatten. Danach wurde der Messradius für die erste Messreihe auf den Messkreis 3 eingestellt und die Wiederholgenauigkeit durch mehrfaches “Anfahren” des Nullungspunktes überprüft. Bewegte sich die Wiederholgenauigkeit im Bereich +/- 1/100, wurde mit den Messungen begonnen.
 
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Für jede Lagerseite wurden 3 Messreihen für jeden der 3 Messkreise durchgeführt und die daraus resultierenden Durchschnittswerte ermittelt. An den 3 Flanschbohrungen konnten nur Messpunkte für den Messkreis 3 angefahren werden, sodass insgesamt 30 Messpunkte zur Verfügung standen.

Die Messpunkte der Messkreise 1, 2 und 3 wurden durch Rotation von der jeweils gegenüberliegenden Lagerseite durch Drehen des Augbolzen angesteuert.

Die Messpunkte Mp13/Mp23, Mp17/Mp27 und Mp111/Mp211 beider Lagerseiten mussten wegen der Flanschbohrungen ausgelassen werden. Dabei musste jeweils der Messbolzen der Messuhr angehoben werden, um  ein Einrasten zu vermeiden.

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Die Stirnfläche der Lagerbohrung wurde vor den Messungen mit 800-er Nassschleifpapier etwas gesäubert. Bedingt durch die Oberflächenbeschaffenheit der Stirnfläche resultierte eine höhere Streuung der Messwerte bei Messungen mit der 1/1000-Messuhr. Messungen mit dem Fühlhebelmessgerät wären zwar sinnvoller (und exakter) gewesen, konnten aber konstruktiv (Messhilfsmittel) nicht umgesetzt werden.

 

MANS1

 

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Bei der Vermessung der Arbeitsseite wurde anstelle der 1/1000-Messuhr eine 1/100-Messuhr verwendet. Die Bohrungsstirnfläche wurde wegen ihrer glatten Oberflächenbeschaffenheit nur mit Isopropanol gereinigt.

Hier bei der Vermessung des Mp112 (Messpunkt 12 im Messkreis 1) in der Messreihe 1.

 

MARS1

 

 
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Die folgenden Fluchtungsfehler und Radialversätze sind mithilfe des Skalierungsfaktors 100 zwecks besserer Visualisierung  näherungsweise geometrisch ermittelt und dargestellt worden (Sketchup 2017). Die Achsabweichungen zeigen, dass der Spindelstock nicht so wie ursprünglich angenommen gefertigt wurde oder dass die Außenringe nicht korrekt in die Lagerpassungen eingebaut wurden oder ein Mix von beidem.

 

 

 

 

 

results-neu

 

Die von dem Lagerhersteller angegebenen Werte für die Winkeleinstellbarkeit  der Lagerringe zueinander (maximal 0° 4′ 00″) wurden bei den näherungsweise  ermittelten Fluchtungsfehlern und den daraus resultierenden Verkippungen nicht überschritten. Der aus den “natürlichen” Achsausrichtungen unter dem Vorbehalt der Spindelstockfertigung ermittelte Radialversatz beträgt ca. 6/100 mm.

Alle bisher näherungsweise ermittelten Messdaten und Aussagen zur O-Spindellagerung basieren darauf, dass der Spindelstock unter den bereits vorher genannten Bedingungen angefertigt wurde!!!